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Meine Symptome und ich - mein Körpergefühl

Eine schwierige, andauernde Geschichte ist das, die zwischen meinem Körper und mir. Schon die Begrifflichkeit "der Körper" baut eine Entfernung zwischen mir und ihm auf. Empfinde ich diesen Begriff doch als männlich, so wie ich meinen Körper häufig in seiner Geschichte mit mir empfand.

Bis heute vermisse ich manchmal eine Weiblichkeit in mir, die sich in meinem Körper spiegeln darf, eine Weiblichkeit, nach der ich mich intensiver sehne. Damit meine ich Warmherzigkeit in mir - nährend sein für mich und andere, Empathie für mich und für andere - Gefühle zuzulassen und auszudrücken, Sinnlichkeit - meinen Körper zu spüren, ihn zu genießen und Berührungen auszukosten, letztlich mich fallenlassen zu können, sanft und empfangend zu sein, aber auch eine wilde Seite zu leben, die Schönheit in meiner Einzigartigkeit zu erkennen - im Innen und Außen.

Es ist nicht so, dass ich davon nichts spüre, doch für meine Begriffe zu selten.

 

Am 9.Mai 2022 hatte ich ein Foto-Shooting zum Projekt "Ich liebe meinen Körper" bei der Fotografin Beate Knappe, die ich euch unten verlinkt habe. Das hat mich einen Schritt weitergebracht, mich und meinen Körper in seiner Einzigartigkeit anzunehmen. Dazu könnt ihr mehr auf meinem Instagram-Account @cathrinbaasner lesen.

 

Doch nun zu meinem Körpergefühl. Wieder lasse ich mich von meiner Inneren Weisheit befragen und bin gespannt auf die Antworten.

Was ich mit Innerer Weisheit meine, könnt ihr im ersten Artikel dieser Reihe (Meine Symptome und ich) nachlesen. Ich habe beide Artikel unten verlinkt.

 

Liebe Innere Weisheit, https://www.achtsam-frauueber50sein-cathrin.de/2021/09/20/meine-symptome-und-ich-vom-dummsein https://www.achtsam-frauueber50sein-cathrin.de/2021/09/20/meine-symptome-und-ich-vom-dummsei https://www.achtsam-frauueber50sein-cathrin.de/2021/09/20/meine-symptome-und-ich-vom-dumstelle mir nun bitte Fragen.

 

Gerne, für mich scheint die zentrale Frage für dich zu sein, wie du dich deinem Körper nähern und ihn von Tag zu Tag mehr lieben kannst?

 

Ja, das stimmt wohl. Ich denke, ein Weg ist, mir bewusst zu machen, was er alles schon für mich getan hat. Und das ist eine Menge:

 

Er trägt mich seit 58 Jahren trotz Hüftdysplasie, Trichterbrust, Skoliose und Rundrücken. Wenn Schmerzen auftreten, schaffe ich es meinem Körper mit Bewegung zu helfen, sodass ich selten zu Schmerzmitteln greifen muss.

Drei Schwangerschaften trug mein Körper mühelos. Es ist okay, dass sich die Bauchhaut dehnte. Eine Erinnerung an das, was der Körper geleistet hat. Meine Brüste nährten meine Kinder, obwohl sie klein sind.

Eine angebliche Krebserkrankung am Gebärmutterhals während meiner zweiten Schwangerschaft stellte sich als stark verändertes gutartiges Gewebe heraus und mein Körper durfte heilen.

Trotz meiner psychischen Belastungen durch Depression und kptbs zeigen sich diese nicht stark physisch in meinem Körper.

Meine Seele und mein Geist haben ihr Zuhause in meinem Körper. Wir lernen gemeinsam.

Mein Gemüt, meine Gefühle werden in einem freundlichen und hübschen Gesicht gespiegelt.

Trotz der Trichterbrust, einer asymmetrischen Deformation meines Brustkorbs, fühlte ich mich äußerlich von Jahr zu Jahr attraktiver und nicht zu knöchern.

Ich möchte jeden Tag meines Lebens nutzen, um mich meinem Körper weiter zu nähern, mich eins mit ihm zu fühlen und lieben zu lernen.

Er und ich haben es verdient.

 

Warum ist es denn eine schwierige, andauernde Geschichte zwischen deinem Körper und dir?

 

Dazu möchte ich dir gerne einen Teil der Biografie meiner Körperlichkeit aufzeigen.

 

Ich beginne mit Erinnerungen aus der frühen Kindheit.

Ich galt als kleine Dicke, war allerdings nie dick. Mein kleiner Bruder und ich wurden im Partnerlook wie Puppen ausstaffiert, mit selbstgenähten Kleidern und Hosen. Wir sahen süß und perfekt aus. Gesehen werden und nach außen hin glänzen war wichtig für unsere Mutter.

Überhaupt standen im Mittelpunkt Äußerlichkeiten. Das betraf auch das Lieb- und Stillsein sowie antrainierte Fähigkeiten, mit denen meine Mutter sich brüsken konnte, wie zum Beispiel, dass ich mit einem Jahr trocken war und keine Windel mehr benötigte.

 

Meine Mutter empfand sich selbst als dick. Durch ihre Schwangerschaften war ihre Figur regelrecht 'versaut', äußerte sie. Schnell übernahm ich ihre Sichtweise, empfand sie als dick und ihren Bauch als hässlich. Dafür schämte ich mich wiederum.

Später war ich wie innerlich abgestumpft, fühlte mich unwohl in meinem Körper und nie richtig.

 

Meine herausstehenden Rippen und meine Haltungsschäden brachten mir Sätze ein, wie: "Geh gerade, geh nicht übern Onkel, sonst kriegst du keinen Mann ab!"

Später wurde mir ein Korsett mit einer Stahlstange im Rücken verpasst. Das sollte die Rippen zurückdrücken. Ich schämte mich fürchterlich und bekam kaum Luft. Dazu wuchsen meine Beine unterschiedlich lang, sodass ich Schuhe mit verschieden hohen Absätzen bekam.

Als ich 10 Jahre alt war schämte ich mich sehr für meine herausstehenden Rippen. An einer Taufe trug ich einen weißen geblümten Rock und ein dazu passendes enges gesmoktes Oberteil. Ich erinnere mich an dieses Gefühl in mir. Die Kleidung fand ich schön, jedoch nicht an mir. Ich fühlte mich dick und hässlich wegen meiner Rippen. Dieses Gefühl ist gut auf einem Foto eingefangen. Ich lächle und stehe dort mit hochgezogenen Schultern und ziemlich verkrampft.

Und ich könnte von vielen weiteren äußerlichen Faktoren erzählen, die nicht richtig waren, wie z.B. von meinem großen Kiefer, der zu langen Zunge, die weit auseinanderstehende und nach vorne stehende Zähne mit sich brachte...

 

Tatsächlich gibt es auch heute noch Menschen, die meinen mich darauf hinweisen zu müssen, gerade zu  gehen. Würde ich tatsächlich gerne. Geht aber nicht in einem manifestiert geformten Körper. Geht halt lediglich nur für einige Minuten, solange ich meinen Fokus und meine Kraft darauf lenke, und das ist okay. Meine Körperwunde berühren solche Äußerungen trotzdem und auch das ist okay.

 

Es war in meiner Familie also wichtig, gut auszusehen, um einerseits für die Familie zu glänzen und andererseits, um später einen Mann abzubekommen. Ohne Mann ist Frau quasi wertlos. Und nur eine vermeintlich gut aussehende Frau mit einem äußerlich attraktiven Körper bekommt auch einen Mann.

So wie es lange genug für mich aussah, ein ziemlich unmögliches Unterfangen. 😉

Dachte ich doch mit 19 Jahren noch, ich würde einen Mann mit meinen Rippen aufspießen und kleine Brüste wären so gar nicht interessant.

 

Wie viel ich doch bis heute schon gelernt habe. 😉

Heute empfinde ich mein Äußeres als annehmbar schön und bin größtenteils zufrieden.

Trotzdem kann ich das häufig nicht fühlen und die alte Scham möchte sich durchsetzen, was ich allerdings immer seltener zulasse.

 

Wie kannst du dafür sorgen, dass es dir in deinem Körper gut geht?

 

Letztlich geht es meinem Körper gut, wenn es meiner Psyche, meiner Seele gutgeht. Wenn ich mein kleines Mädchen tröste, wenn sie sich nicht wohl in ihrem Körper fühlt, ihr die Scham nehme, wenn sie auftaucht und ihr sage, wie schön sie ist und dass ich sie liebe. Dass jeder Mensch auf seine Art schön ist, so wie er ist, bis ich mich irgendwann selbst davon überzeugt habe.

Die Hauptarbeit an mir und meiner Körperlichkeit muss von innen kommen.

Das heißt, dass ich meine Seele nähren muss, indem ich für ausreichend Entspannung sorge mit Hilfe verschiedener Tools wie Meditation oder dem Schreiben in der Natur.

Allerdings hilft es mir auch sehr, wenn ich meinen Körper durch gute Ernährung nähre und mit viel Beweglichkeit durch Yoga und Laufen.

 

Wie ist es für dich, wenn du in den Spiegel schaust?

 

Nach wie vor bin ich kritisch, was meine Körperlichkeit betrifft, sehe meine Makel, von denen ich mit meinem Verstand weiß, dass sie keine sind.

An manchen Tagen bin ich wohlwollend mit mir und lächle mich an, an anderen Tagen weniger, was wohl auch normal ist. Wer von uns liebt schon täglich alles an seinem Körper. Kritisch wird es für mich, wenn ich mir die Zunge herausstrecke. Das ist ein Alarmsignal, um wieder näher bei mir hinzuschauen.

 

Kennst du Übungen, die dir helfen, deinen Körper noch mehr anzunehmen, wenn du dich im Spiegel siehst?

 

Tatsächlich habe ich schon einige Spiegelübungen ausprobiert, wie z. B. jeden Morgen meine vermeintlichen Makel vor dem Spiegel zu berühren und zu liebkosen oder auch erstmal die Stellen meines Körpers, die mir gut gefallen. Solche Übungen sollte ich wieder öfter machen, denn häufiger wehrt sich da noch etwas in mir.

 

Wie definierst du denn Schönheit für dich?

 

Uuuih, klar sollte sich die Schönheit eines Menschen nicht am Äußerlichen festmachen, sondern an dem, was in ihm ist, was ihn ausmacht, die Freude und das Lebendige eines Menschen, womit er mich berühren kann, wenn der Funke eines Menschen durch seine einzigartige Art des Seins auf mich überspringt. Das ist für mich der Idealfall. Schönheit darf subjektiv sein, ist sie ja auch und jede darf das schön finden, was in ihr etwas zum Anklingen bringt.

 

Heute ist Schönheit oft nur etwas 'Äußerliches', 'Oberflächliches' und wir werden vom sozialen Druck einer normierten Schönheit geprägt. Genau so bin ich ja auch erzogen worden, wobei der Druck durch die sozialen Medien heute zugenommen hat. Ich kann mich heute mit unzähligen, vermeintlich schöneren Menschen vergleichen, die mir in den sozialen Medien gezeigt werden.

Körperliche Schönheit verändert sich. Sie verändert sich im Laufe der Jahrhunderte und im gesellschaftlichen Kontext. Gefährlich finde ich, dass in unserer Leistungsgesellschaft körperliche Schönheit oft mit Glück, Zufriedenheit und einem sinnvollen Leben gleichgesetzt wird. Deswegen ist sie vielleicht für viele so wichtig.

Demnach wäre es mir - rein theoretisch und mit einem Augenzwinker - nicht möglich, ein glückliches Leben zu führen. Ganz schön erschreckend. Zudem habe ich gelernt, wie steinig der Weg zu Schönheit ist:

"Wer schön sein will, muss leiden." Den Satz kennen bestimmt viele von uns.

Wirklich ein glückliches Leben.🙈

 

Wie gut, dass du das verstanden hast. Ich freue mich für dich. Da kannst du doch jetzt zu dir und deiner Schönheit stehen und deine Weiblichkeit nach und nach nähren.

 

Ja, da gebe ich dir Recht.

Schön ist das, was ich mit meinen Augen als schön betrachte.

Ich habe Einfluss darauf, was ich als schön empfinde.

Diesen Einfluss möchte ich nutzen für meine Betrachtungsweise meiner inneren und äußeren Körperlichkeit und alles andere außer Acht lassen.

Meine Weiblichkeit werde ich nähren, indem ich mich weiter und vermehrt meinem Körper widme, wie schon in dem Foto-Shooting.

 

Ich werde dich dabei unterstützen.🤗

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