Diese Kurzgeschichte entstand bei #stadtlandschreiben zum Buchstaben M.
Ort, Name, Tier und Beruf müssen mit M beginnen.
„Mama, komm schnell!“, rief Maike aufgeregt.
Ich hörte ihr Rufen, reagierte sofort, schnappte mir mein Aufnahmegerät und raste in den Garten unseres Ferienhauses.
War der Moment, auf den wir beide sehnlichst warteten, nun endlich gekommen?
Maike kniete mitten auf dem Rasen. Bewegungslos starrte sie auf einen sich bewegenden Erdhaufen. Die Erde schob sich langsam und krümelnd nach oben. Weich-braune Erde häufte sich an. Ich kniete mich leise neben sie, startete mein Gerät und hielt das Mikrofon dicht an den Erdhaufen. Ich nahm ein nagendes, kratzendes Geräusch wahr.
Als Musikerin machte ich Natur-Tonaufnahmen und ging damit an Schulen. Mein Ziel war es, bei Kindern ein Bewusstsein für das feine Hören in der Natur zu schaffen. Maike hatte andere Ambitionen. Sie wollte nichts anderes als dem ‚kleinen Maulwurf‘ endlich „Hallo“ zu sagen. Sie liebte die Geschichten der tschechischen Zeichentrickserie.
Zu ihrem 6. Geburtstag waren wir extra nach Tschechien an die Moldau gereist. Hier gab es genügend Wiesenflächen für die Arbeit des ‚kleinen Maulwurfs‘. Gebannt warteten wir.
Plötzlich sackte mein rechtes Knie etwa 20 Zentimeter in die Tiefe. Mist! Dabei sackte mein Oberkörper nach vorne und mein Mikrofon landete im Erdhaufen.
„Mama!“, rief Maike, diesmal vorwurfsvoll. „Du hast den Maulwurf erschreckt. Jetzt ist er weg.“ Ich nuschelte vor mich hin und versuchte mein Knie aus dem Loch zu hieven. Nachdem ich die Erde von mir und dem Mikrofon halbwegs abgeklopft hatte, sah ich erst das ganze Ausmaß der Misere.
Der Garten war durchzogen von kleinen Aufwühlungen und Gängen direkt unter der Erdoberfläche.
Wir hatten uns von einer Wühlmaus an der Nase herumführen lassen.
Maike war den Tränen nah, doch ich versicherte ihr, dass wir den ‚kleinen Maulwurf‘ bald finden würden. Wir waren ihm schließlich hier in Tschechien schon so nah.
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